Weltmeisterschaft in Japan!

geschrieben von Sensei Frank

Am 26. und 27. November letzten Jahres fand in Japan die fünfte I.K.O. Matsushima Weltmeisterschaft im Kyokushin-Vollkontakt-Karate statt. Mit dabei: Unser Sempai Yurii Krassota, begleitet betreut von mir und unserem organisatorischen »Zugpferd« der KKD: Thorsten Marten aus Hamburg.

Nach einer langen aber komplikationslosen Anreise per Direktflug von München nach Tokio trafen wir schon am Flughafen auf unsere Freunde vom Nationalteam Ukraine um Shihan Sergey Lukyanchikov. Nach einem schnellen Fotoshooting für uns und einige spontan interessierte Japaner, die sogleich ihre Deutschkenntnisse mit uns üben wollten, ging es per knapp vierstündiger Busfahrt nach Maebashi.

Schon in der ersten Nacht durften wir Japan in einer geografischen Besonderheit erleben: Ein Erdbeben der Stärke 6 raubte Yurii frühmorgens den Schlaf. Bei mir reichte das allerdings nicht, mich aus meinem verdienten Jetlag-Erholungsschlaf zu reißen: Ich habe es tatsächlich geschafft, mein erstes Erdbeben zu verschlafen. Na sowas!

Die nächsten Tage verbrachten wir damit, uns mit der Umgebung vertraut zu machen. Im örtlichen Shintopark absolvierten wir leichte Lauf- und Trainingseinheiten. Das Turnier startete am Samstag, den 26., pünktlich. Kämpfer aus der ganzen Welt waren angereist, unter anderem Australien, Südafrika, China, Amerika, dem Iran, sogar Nepal und natürlich Japan. Sie alle hatten sich gut vorbereitet, um dem Motto einer solch klassischen Weltmeisterschaft gerecht zu werden: »Es kann nur Einen geben!«. Die Kämpfe wurden ohne Gewichtsklassen im Pool- und KO-System absolviert, bis am späten Abend des zweiten Turnier-Tages der eine Beste als neuer Weltmeister geehrt werden konnte. Wir bekamen einzigartige Kämpfe und den enormen Spirit Japans im Allgemeinen wie des Kyokushin im Besonderen zu sehen!

Yurii war konzentriert, wirkte aber erstaunlich gelassen. Sein erster Gegner erschien gar nicht erst zum Kampf, so dass er einen ersten einfachen Sieg für sich verbuchen konnte.

Der nächste Kontrahent war schon eine Klasse härter: Ein erfahrener Kämpfer aus dem Iran, der von der ersten Sekunde an aggressiv agierte und sichtlich auf ein schnelles KO spekulierte. Mit dieser Taktik lief er bei dem hervorragend austrainierten Yurii gegen eine regelrechte Wand. Angriff um Angriff prallte an seiner Verteidigung ab. Immer häufiger gelang es Yurii, effektive Konter zu schlagen und zu treten. Der Kampfwille des Gegners wurde zunehmend zersetzt und Yurii gelang es, die Initiative an sich zu reißen. Kurz vor Ende der zweiten Runde setzte er zu einer beeindruckenden Trittkombination an, die das Publikum zum Jubeln und ihm den verdienten Sieg brachte.

Mit zwei gewonnen Kämpfen der Vorrunden stand er bereits im Achtelfinale: Der nächste Kampf war für den Sonntag angesetzt. Hier traf er auf einen der unglaublich starken Kämpfer Südafrikas. Diese Sportler sind bekannt für extremen Kampfgeist und Härte, verbunden mit einem nahezu unerschöpflichen Konditionsreservoirs. Yurii lies sich auch davon nicht beeindrucken und eröffnete mit einem gezielten Tritt zum Kopf, der seinem Gegner sichtlichen Respekt abnötigte. Dann lieferten sich beide einen offen und harten Abtausch von Schlägen und Tritten. Eine Minute um die andere arbeiteten beide scheinbar unermüdlich. Yurii konnte immer wieder gefährliche Schläge und Tritte ins Ziel bringen, die in der zweiten Runde sichtlich Wirkung zu zeigen begannen. Für ein Knockout hat die Kürze der Kampfzeit allerdings noch nicht ausgereicht, dafür wäre wohl eine weitere Runde nötig gewesen. Am Ende des Kampfes war seinem Kontrahenten die Anstrengung ins Gesicht geschrieben, während unser Yurii sogar noch ein sympathisches Lächeln im Gesicht hatte. Trotzdem fiel der Plichtentscheid der Kampfrichter – zu unser aller Erstaunen, in meinem Fall sogar leichtem Entsetzen – zu Gunsten des Südafrikaners aus. Schade! Durch das rundenbasierte KO-System war die Weltmeisterschaft für Yurii damit beendet.

Sein Gegner schaffte es schlussendlich auf Platz vier. Weltmeister wurde der sehr starke Sajjad Mohajeri aus Iran: Nachdem er im Halbfinale seinen russischen Gegner mit Tobi-Mawashi-Geri zu Boden gestreckt und dadurch im Finale gegen einen seiner Teamkameraden – ebenfalls ein Kämpfer der starken iranischen Mannschaft – antreten konnte.

Trotz des etwas unglücklich verlorenen letzten Kampfes: Die Leistung, die wir dort von unserem Yurii zu sehen bekommen haben, ist für einen derart jungen Kämpfer nahezu erstaunlich! Dies wurde uns auch durch zahlreiche Gratulanten aus allen Teilen der Welt bestätigt. Auffällig war auch das Bemühen der japanischen Mädchen um Fotoshootings mit unserem Yurii, während die Kids einen Schritt weitergingen und sich Autogramme direkt auf ihre kleinen Jacken schreiben ließen 🙂

Ich gehe davon aus, dass bei derart guten Ergebnissen bei einer ersten Weltmeisterschaft noch eine interessante sportliche Karriere auf Yurii wartet. Man darf gespannt sein, was wir die nächsten Jahre noch alles mit ihm erleben werden! Trotz allem Sport ist Karate letztlich auch »Do«, ein philosophischer Lebensweg: »Der Weg selbst ist das Ziel«. Vor diesem Hintergrund ist solch ein erster kleiner Erfolg bei einem derartigen Event ein wichtiger und schöner Erfahrungsbaustein, der mehr wiegt, als nur ein Pokal alleine!

 

Sensei Frank